Wie schon erwähnt funktioniert das Aufladen unseres Strom-Chips nicht. Der Chip, der den Landstrom steuert ist störrisch, der andere kann zwar aufgeladen werden, unsere Landstrom-Station interessiert das allerdings nicht die Bohne. Also schauen wir stündlich bangend auf die schwindenden Euros und Cents unserer Stromsäule. Wenn man mal sieht, wie da so das Geld durchläuft, ist das schon was anderes als wenn man einfach ein Mal pro Monat die Stromrechnung bezahlt. Am Montag abend sind also nur noch ein paar Cent auf der Uhr. Die reichen sehr wahrscheinlich nicht um die Nacht „im Warmen“ zu überstehen. Unser „Zibro“ ist zwar genügsam, braucht aber Strom. Und der Keramikheizer, der auch noch läuft, braucht auch Strom. Ich packe mich also extra dick mit warmen Decken und Socken ein. Ich „alte Unke“ rechne mit Eiskristallen auf der Bettdecke. Stefan meint, dass das schon passt und ich nicht immer so pessimistisch sein soll. Etwas beunruhigt, aber im Warmen schlafe ich ein. Um kurz vor halb 8 weckt mich Stefan: Es sei „arschkalt“ und vermutlich ist der Strom alle. Ich kann das nicht so recht nachvollziehen – ich habe mir im Schlaf die Socken ausgezogen, so kalt kanns also nicht gewesen sein. Und tatsächlich: Der nette Marinero hatte wohl Angst, dass wir in der Nacht erfrieren und hat uns mit einem Notfall-Schlüssel die Stromsäule wieder aufgeladen. Mein Strom-Heizer war also die ganze Nacht brav bei der Arbeit. Stefans „Zibro“ hat nach dem Stromausfall (den es beim Umschalten auf den Marinero-Chip wohl gegeben hat) den Dienst quittiert. Das heißt: die Kabine der alten Unke war warm während der gnadenlose Optimist in seiner Kabine vor sich hingefroren hat.
Wenn man der einzige Übernachtungsgast in der Marina ist und einen Wachmann/Marinero ganz für sich alleine hat, hat das also viele Vorteile.
Der Faschingsdienstag startet dann also sehr erfreulich und ruhig – und wir sehen blauen Himmel. Naja, ein winziges Stückchen blauen Himmel, aber immerhin. Die letzten beiden Tage waren richtig verregnet und da kommt bei dem Fitzelchen blau am sonst so grauen Himmel Freude auf. Und Spannung: Wenn die Sonne heute rausblinzelt, könnten wir unsere neuen Solar-Paneele testweise mal anschließen. Und den Inverter. Und den Laderegler. Und die Kabel dazwischen. Strom ist ja immer so eine Sache – als Selbstversorger auf dem Segelboot nimmt er einen ganz anderen Stellenwert ein. Wer überlegt denn ernsthaft, wenn er sein Handy lädt wie dieser Strom erzeugt wird. Wir müssen darüber nachdenken. Stefan hat ein System ausgekügelt, wir wir den Inverter ans Bordnetz anschließen können. Und: Nach unserem Test wissen wir, dass das nicht nur in der Theorie passt. Die Solarpaneele sind riesig und flach und leicht und unser Plan, die auf dem Bimini zu befestigen wird auch durchführbar sein. Und: Trotz bedecktem Himmel und nur minimaler Sonneneinstrahlung verzeichnet der Laderegler einen Strominput. Vermutlich wird jeder Elektriker beim Anblick unseres Kabelsalats die Hände über dem Kopf zusammenschlagen – es hat aber funktioniert und im März wird die ganze Sache dann endgültig fest eingebaut. Stefan hat (zum Glück) die Pakete nach der Ankunft überprüft und rechtzeitig festgestellt, dass er vergessen hat, Y-Stecker zu bestellen. Die hat SolarXXL auch noch per Express geliefert. Und ohne die hätten wir das System nicht testen können. Ich träume heute Nacht vermutlich von „rot ist plus“ und abisolierten Monsterkabeln. Das wars aber wert: Das grundlegende Strom-Problem scheint also erst einmal gelöst zu sein.
Grundsätzlich beherrscht „Strom“ den Tag: Wir messen ein paar Verbraucher mit dem Messgerät und auch meine LED-Beleuchtung für den Salon braucht erfreulich wenig. Und wenn es richtig heiß ist und die Sonne auf die Solarpaneele knallt produzieren wir genügend Strom um eine Reisefön betreiben zu können – die Frage ist nur, ob wir denn dann überhaupt brauchen werden, weil der Wind dann wohl wärmer sein wird als die Luft aus dem Fön 🙂
Unser neuer Anker sieht so riesig aus und wir haben die Befürchtung (dieses Mal sogar der Optimist) – dass er nicht unter den Bugspriet passt. Aber: er passt! Nach dem wirklich frustrierenden Sonntag können wir endlich Erfolge verzeichnen. An manchen Tagen kann man machen was man will. Zuerst bricht der Druckknopfnagler ab, dann verletzt man sich an irgendwelchen Metallteilen, dann geht das W-Lan nicht und schließlich hat man Montezuma zu Besuch. Und an anderen Tagen greift man blind in den Werkzeugkoffer und holt den richtigen Schraubenzieher raus. Die Kabel lassen sich problemlos abisolieren, die Steckverbindungen passen fast auf Anhieb – und im richtigen Moment kommt dann auch noch die Sonne raus. So ein Tag war heute.
Heute haben auch alle Italiener mal auf italienisch geantwortet, als ich meine wohlüberlegten Sätze vorgetragen habe. Der nette Metzger hat mir die 500 g Hackfleisch verkauft, die ich wollte – und dazu noch Radicchio-Antipasti und Chicken Wings. Die Bäckerin hat verstanden, was ich wollte – und der nette Mann am Busterminal hat bei meinem italienisch auch nicht Reißaus genommen sondern mir genau erklärt, wann welche Busse von Caorle nach Porto Santa Margherita fahren – und dass die Linie 1 erst ab Ostern wieder fährt. Ich bin also heute sehr zufrieden mit mir (und den Italienern, die mir endlich mal auf italienisch geantwortet haben).
Und auch das Wetter tut das, was es laut Lehrbuch soll: Bei unserer Ankunft hatten wir auf dem Barometer 1023 hpa. Schließlich kam das erste Tief und das Barometer ist auf 1011 gesunken. Ich habe gelernt, dass wenn das Barometer nach dem Durchzug eines Tiefs weiter sinkt eine „Troglage“ herrscht und mit einer Wetterverschlechterung und starkem Wind gerechnet werden muss. Das ist so eingetreten und aktuell bläst der Wind durch die Wanten und wir haben leichte Schräglage, weil wir den Wind von der Seite haben. Und wie immer wenn es so schön schaukelt werde ich müde und nach einem so erfolgreichen Tag kann man durchaus mal um 10 schon schlafen gehen, oder?