Wir haben die ganze letzte Zeit das Wetter beobachtet – wir wollen nach Sizilien, das sind von Kefalonia aus etwa 350 Seemeilen. Optimistisch gerechnet schaffen wir die Überfahrt in 70 Stunden. Da sich die Wetterdienste einig sind und die Prognose auch sehr stabil blieb, haben wir uns entschieden, am 31. August morgens früh loszufahren. Es war verhältnismäßig wenig Wind vorhergesagt und so waren wir recht begeistert, dass wir kaum 5 Seemeilen nach dem Start schon die Segel setzen konnten und los gings. Auf dem offenen Meer ist die Welle angenehm, schon nach kürzester Zeit wars über 1000 Meter tief. So konnten wir wunderbar dahinsegeln – ein Traum,
Die erste Nacht war ein unbeschreiblich tolles Erlebnis. Zwar gab es weit entfernt am Horizont Wetterleuchten – der Sternenhimmel war aber unglaublich. Da wir rund um Neumond aufgebrochen sind, waren da nur wir, das Meer und die Sterne. Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Sterne gesehen. Das war es, was ich bisher bei meinen Nachtfahrten so geliebt habe – die Ruhe rund um, weit und breit kein Schiff, nur ich und die Sterne.
Was uns bei Nachtfahrten immer wieder entspannt – unser AIS. Wir haben uns ja für ein aktives AIS der Firma Weatherdock entschieden. Wir sind sehr zufrieden damit, es ist einfach ein gutes Gefühl, wenn man sieht, welche Schiffe kommen und auch weiß, dass die Grossschifffahrt uns sieht. Allerdings haben wir nicht viel gesehen – rings um uns war weit und breit kein Schiff.
Nach 24 Stunden haben wir 119 Seemeilen zurückgelegt – ein ordentliches Etmal. Wir haben uns mit den Wachen abgewechselt, komplett ohne Wachplan und das hat für uns beide super funktioniert. Praktischerweise war ich nämlich immer dann müde, wenn Stefan gerade fit war und umgekehrt. Und zur Sicherheit hat der Wachhabende ja auch immer noch den AIS-MOB-Stick dabei. Sollte man also doch hinten über Bord fallen, kann man die Position auf dem AIS sehen. Praktisch.
Kurz vor Sonnenuntergang habe ich mich dann hingelegt und wurde nur 20 Minuten später von Stefan wieder an Deck geholt – rings um uns türmten sich auf einmal hohe Wolkenberge auf, klassische Vorboten eines Gewitters. Das Barometer ist in der letzten Stunde auch gewaltig gefallen – noch ein Gewitter-Vorbote.
Da wurde uns beiden dann schon etwas flau. Letzte Woche vor Preveza sind 2 Gewitter an uns vorbei gezogen – und da hatten wir schon 42 Knoten – was Windstärke 9 auf Beaufort-Skala entspricht. Noch mehr Wind muss echt nicht sein. Also sind wir beide wach geblieben (wie auch schlafen nach dem Adrenalin-Kick) – und haben den Himmel beobachtet. Nach und nach haben sich die Wolken weiter von uns entfernt und eine Stunde nach Sonnenuntergang war der Himmel wieder sternenklar.
Da Stefan noch richtig fit war, wollte ich die Chance nutzen und schlafen. Doch wieder nix. Kaum war ich einigermaßen weggedämmert, hat mich Stefan wieder geweckt – Gewitter im Anmarsch. Mist. Dieses Mal sah es noch bedrohlicher aus. Der Blick Richtung Osten – gruselig. Blitze im Minutentakt, hohe leuchtende Wolken. Und so saßen wir dann beide im Cockpit, gedopt mit Unmengen Cola und haben den Horizont angestarrt. Unglaublich viele Blitze, ab und zu kurze Verschnaufpausen, jedes Mal wenn wir kurz davor waren, uns zu entspannen ging es wieder los. Immer wieder der bange Blick – werden die Wolkenberge am Heck höher? Holen uns die Gewitter ein? Entspannende Nachtfahrten gehen anders.
Unsere Berechnungen haben ergeben – ja, die Gewitter waren genau da, wo wir das erste Mal an diesem Tag Sorge hatten, von einem Gewitter getroffen zu werden. Da lag Stefan mit seiner Einschätzung genau richtig – da braute sich was zusammen.
Ab kurz vor 4 Uhr nachts wars dann ruhig – wir haben wieder Sterne gesehen und Stefan, der zu dem Zeitpunkt 20 Stunden ohne Pause wach war konnte endlich etwas schlafen. Ich habe dann, um mich wachzuhalten, Blogbeiträge geschrieben. Leider währte die Phase der Entspannung nur kurz und etwa 1 Stunde vor Sonnenaufgang sind wieder Wolken aufgezogen.
Nachdem wir dann irgendwann endlich wieder Handynetz hatten, haben wir uns neue Wetterdaten geholt. Der Cape-Wert, der die letzten Tage schon echt hoch war sollte auf unserer Route noch weiter steigen. Also haben wir umgeplant und sind statt nach Licata nach Marina di Ragusa gefahren. Mitten in einer „hier absolutes Anker- und Fischereiverbots“-Zone sind wir dann auf einige ausgesetzte Reusen gestoßen – scheinbar gelten die Regeln nicht für alle.
Kurz nach Sonnenuntergang haben wir dann in der Marina di Ragusa festgemacht. Hier wird ein Service geboten – die Abstände zwischen den Stegen sind echt eng und deswegen sind die Marineros zu zweit. Einer im Dinghy, einer am Steg. Endlich nahm auch mal einer unsere Luv-Leine als erstes an – die Mooring kann warten. Und der andere Marinero passt währenddessen mit dem Dinghy auf, dass man nicht wegdriftet. Super.
Ich war selten so erleichtert, wieder in einer Marina zu sein – denn kaum war die Sonne weg haben sich schon wieder Gewitterwolken aufgetürmt. Nein, noch eine Nacht mehr mit Nervenkitzel hätten wir echt nicht mehr gebrauchen können. Die Überfahrt war lange genug. Und wir sind ja schließlich nicht auf der Flucht, oder?