Ich bin fremdgegangen. Nunja, eher fremd gesegelt. Und das ganz schön weit: Einmal über den Atlantik. Von Gran Canaria nach Barbados. In knapp 17 Tagen.
Ich habe viel über Atlantiküberquerungen gelesen. Von „total langweilig“ über „im Salon saßen wir und haben geheult, weils nicht vorbei gehen wollte“ zu „genial, einfach toll“ gibt es viele Meinungen zum Thema Atlantiküberquerung. Es dann aber selbst zu erleben – das ist was ganz anderes.
Am 5. Januar sind wir in Las Palmas de Gran Canaria gestartet. Noch kurz zur Tankstelle, bei Fred und Grete vorbei (die kennen wir aus dem Winterlager in Licata, beide sind auch im Januar über den Atlantik) ging es mit einer mittelguten Wettervorhersage los. Für mich sehr spannend: Wie fühlt es sich an wieder nur „mitzufahren“ – ohne Entscheidungen treffen zu müssen, ohne die ganze Verantwortung zu tragen. Wie ist es, ohne Stefan zu segeln (ich bin noch nie ohne ihn auf nem Segelboot gewesen). Und: Wie klappt es mit ner fremden Frau in einer Koje? Kurz gesagt: Es ist alles gut gegangen.
Es ist sehr entspannend, wenn man nicht entscheiden muss. Wenn man die Entscheidungen zum Beispiel zur Kursplanung oder zur Auswahl des geeigneten Segels nicht selbst treffen muss. Gefahren zu werden ist eben anders als selbst zu fahren.
Die 17 Tage auf See waren toll. Die Crew, das Wetter, Sophie – alles hat gut funktioniert. Ich habe jede Sekunde genossen. Vom Sonnenaufgang, den ich dank eines Amok-klingelnden Weckers fast jeden Morgen wach erlebt habe bis hin zum Sonnenuntergang, der meist von nem Segelwechsel oder dem Abendessen begleitet wurde – alles toll. Und die Nächte – unbeschreiblich. So viel Sterne und Sternschnuppen, so wenige Frachter und Boote – wir waren da schon ganz schön alleine auf der Nussschale mitten im Atlantik. Und trotz Ausfall des Autopiloten, klitzekleinem Schwelbrand während unserer Nachtwache, dem amoklaufenden Wecker – ich möchte keine
Sekunde der Atlantiküberquerung missen.
Irgendwann an Tag 9 oder 10 habe ich überlegt – wie sieht denn so ein typischer Tag aus? Wenn ich den beschreibe, klingt das total seltsam. Meistens bin ich um kurz nach halb 7 aufgewacht (aufgeweckt durch meinen Freund, den Wecker im verfeindeten Iphone). Je nach Wetter gabs dann zum Frühstück nen Segelwechsel, ne Muffinbackaktion oder Matheunterricht mit Hazel. Kaffee mochte ich gar nicht mehr – das war aber nur eine kurze Erscheinung, kaum zurück in Deutschland schmeckt mir mein Frühstückskaffee schon wieder sehr gut. Nach den vormittäglichen Aufgaben bin ich meist kurz nach dem Mittagessen in die Koje – schlafen sollte man, soviel man kann, man weiß nie, wie die Nacht wird. Die Nachmittage sind meistens sehr schnell vergangen, die Sonne scheint weiter im Süden tatsächlich schneller unterzugehen.
Meistens haben wir zwischen 17 und 18 Uhr zu Abend gegessen. Hier hat es an nichts gefehlt. Wir hatten durchwegs Meisterköche an Bord und die versprochene Gewichtsabnahme von 4-5 Kilo wurde leider nicht eingehalten (soviel zum Thema segeln macht schlank…). Nach dem Abendessen bin ich dann ins Bett – kaum wars dunkel hab ich mich hingelegt – denn: Um 23 Uhr war die Nacht dann auch schon wieder um, Wache. Kate und ich wir waren ein Super-Team, ich glaube, wir haben die 3 Stunden Nachtwache gut mit tiefschürfenden Gesprächen gefüllt – und pünktlich 15 Minuten vor seinem Wachbeginn wurden wir mit Richies „Ladies of the Night“ zur Wachübergabe mit einem Lied überrascht. Leider habe ich mir die ganzen tollen Songs nicht aufgeschrieben, die Richie ausgewählt hat. Von kurz nach 2 (oder 3 Uhr, je nachdem) bis 6:35 war dann wieder schlafen angesagt.
Und so verstreichen die Tage auf See, Delphine, Fische, Angelerfolge – langweilig ist es nie gewesen. Ich Danke Jenna, Jamie, Hazel und Leo für die Gastfreundschaft auf Sophie, Jasmin, Kate und Richie – Danke, dass ich den Teil meiner „Löffelliste“ (oder Bucket-List) gemeinsam mit euch abhaken konnte.
Es war einmalig. Wer es schon immer mal machen wollte: Los! Worauf warten?
Vielen Dank für den schönen Bericht und die tollen Bilder!
Danke!